Olaf's Kolumne


29.9.

Von Modedrogen, ihren Wirkungen und ihrere Vermarktung war im heutigen SWF3-Popshop die Rede - allerdings von solchen, die vollkommen legal sind, "weißen" Drogen eben. Dazu befragte man die Vertreiber von "Pulse" und "Trance" und einen Drogenberater und unternahm auch einen Selbstversuch.

Was ist drin in diesen legalen Pillen (bzw. Kapseln)? Dazu befragte man diejenigen, die zwei solcher Präparate hierzulande verkaufen.
"Pulse" besteht aus einer Reihe von Pflanzenextrakten aus dem ostasiatischen Raum, die angeblich hierzulande wenig bekannt sind. Eine Kapsel kostet 10 DM, verkauft wird es in Packungen zu 10 Stück, wovon im Monat rund 1000 abgesetzt werden. Das Mittel soll anregend wirken, Energien freisetzen und die Gedanken beflügeln, glaubt man den Aussagen des Vertreibers.
"Trance" ist eine Kombination aus mehreren i.w. coffeinhaltigen Pflanzenextrakten mit diversen Vitaminen. Der Preis liegt auf vergleichbarem Niveau, ebenso der Markterfolg. Hier konnte der Vertriebsmensch alle Register der unglaubwürdigen Reklame ziehen: es mache jünger, intelligenter und erhöhe den Spaß am Sex.

SWF3-Reporter Michael Haas hat die drei bekanntesten dieser Drogen ausprobiert. Sein Bericht von den verschiedenen Mitteln in Kurzzusammenfassung:
"Herbal E" (in USA): leichtes Prickeln auf der Kopfhaut, Durst, aufgedreht wie nach zu viel Kaffee; Euphorie: Fehlanzeige. "Pulse": überhaupt kein Effekt. "Trance": wieder Durst und leichtes Prickeln und dieses zuviel-Kaffee-Gefühl. Nix mit jünger und intelligenter etc.
Unterm Strich: alles etwas mickrig für 20 DM.

Zum Schluß wurde Rainer Blobel von der Drogenberatung Karlsruhe dazu befragt. Er bezeichnet diese Präparate als "ein Stück weit Volksverarschung". Es wird unter einem Namen verkauft, der an Drogen erinnert und mit einer Wirkung geworben, die der von Kokain oder Ecstatsy entsprechen soll. Dabei handelt es sich nur um wilde Mischungen zulässiger Substanzen, bei denen nicht ganz klar ist, wie sie eigentlich wirken.
Letztlich sind diese Mittel lediglich ein Versuch, die Marktlücke "Drogenkonsum" für diejenigen Leute zu schließen, die sich nicht trauen, illegale Drogen zu nehmen.
"Nicht süchtig machen" stimmt schon mal nicht. Es gibt entsprechende Erfahrung mit Extremkonsum von Energy-Drinks; es gab auch schon Leute, die schachtelweise solche Pillen genommen haben. Es gibt psychische Abhängigkeit, manchmal versetzt der Glaube Berge. Die Präparate sind auch nicht vollkommen harmlos, es sind relativ wirksame Stoffe drin (z.B. Gingko, wird normalerweise bei Durchblutungsstörungen im HNO-Bereich verwendet, was tut es bei Leuten, die diese Krankheiten nicht haben?)
Die Drogenberatung geht mit den Leuten um wie bei anderen Drogen auch. Nicht die Grundfrage "was nimmst du", sondern "wozu brauchst du es". Im besten Fall haben "weiße Drogen" einen reinen Placeboeffekt. Es ist nicht zu vergleichen mit der Wirkung von Beruhigungsmitteln, Heroin etc.

Olaf Titz, 95/10/12