Interview mit den Partysanen
Patrick in LOOP 1/95:
"Alles was der Raver wünscht"
Seit Mai diesen Jahres hat München sein eigenes Techno/House Heft: Den Partysanen. Im
Hosentaschenformat A6 erscheint er monatlich mit vielen Flyern und einigen Texten und Bildern.
Herausgeber sind die "Partysanen" Daniel Dietzmann, Thomas Kleutgen, Kerstin Greiner und Bob
Shahrestani, welcher die Leitung übernimmt. Die Partysanen geben aber nicht nur das Heft heraus,
sonern organisieren auch Parties wie "Housefrauenabend", "Loop" (was aber nichts mit uns zu tun
hat) und "Hell or Heaven". Im Tempel gab es eine Zeit lang "Tempel of House'n Techno", was zum
Schluß jedoch schlecht besucht wurde.
Die Partysanen sind wohl das aktivste Rave-Unternehmen Münchens, weshalb sich unser Münchner
Redakteur Patrick zu einem Interview in ihrem Büro hinter Tempel und Alabamahalle entschloß. Hier
eine leicht gekürzte Fassung des Interviews, daß unvorbereitet beim Essen entstand, während Bob
versuchte den neuen "Partysanen" mit Verspätung drucken zu lassen:
LOOP: Seit wann gibt es die Partysanen?
Kerstin: Oktober '93
LOOP: Was macht Ihr eigentlich?
Thomas: Wir haben drei große Bereiche. Das sind zum Einen die Eigenveranstaltungen, die wir
machen, dann das Verlagswesen, also "Der Partysan" und zum dritten Dienstleistungen,
daß heißt alles was mit Veranstaltungen zu tun hat. Wir unterstützen bei
Werbemaßnahmen alle Veranstalter Münchens oder irgendeiner wer hier was machen will,
wobei wir uns nicht so auf den Münchner Raum eingeschränkt haben, sondern auch den
Kölner-Düsseldorfer Raum mitdazunehmen; und dann halt auch Produktionen, daß heißt
wenn irgendwelche Unternehmen zu uns kommen und uns als Medium benutzen um
irgendwie ihre Produkte präsentieren zu können. Wobei wir da sagen, wir machen nicht
irgendwelche blöden Galas oder so was sondern das geht alles in Richtung Techno/House
oder zumindest Jugendkultbewegung.
LOOP: Ihr seid also auch die Partysanen NRW?
Thomas: In Kombination mit dem Dream Team in Köln, und da gibt's also jetzt ab 1. Januar den
Partysanen Nordrhein-Westfalen, der kommt so in einer Auflage von 30.000 Stück
raus.
LOOP: Wird der hier gemacht oder in Köln?
Thomas: Ne, der wird in Köln gemacht, beziehungsweise so manche Geschichten das
überschneidet sich dann - gedruckt wird er wahrscheinlich hier in München. Aber es ist
schon eine selbständige Redaktion da oben
LOOP: Was für eine Auflage hat eigentlich der Partysan in München?
Kerstin: 14.000
LOOP: Wer ist alles aktives Mitglied bei den Partysanen?
Thomas: Wir vier. Wir haben also noch einen größeren Stab freier Mitarbeiter, die jetzt die Bereiche
Dekoration, Technik, etc. übernehmen aber damit wir halt nicht immer so einen großen
Wasserkopf zu ernähren haben, holen wir die Leute zu den entsprechenden Aufträgen
ran.
LOOP: Welche Parties habt Ihr bisher gemacht?
Thomas: Das ist schon viel. Wir haben eine Zeit lang die Freitage im Tempel gemacht - bis zum
August - und vorher Hell or Heaven; Loop war sehr gut; Rave On Snow letztes und dieses
Jahr.
LOOP: Was ist der Unterschied zwischen der Szene in München und in anderen Städten?
Daniel: Die Münchner feiern wahnsinnig gerne, weil sie einiges nachzuholen haben.
Bob: ...außerdem feiern die Bayern sowieso gerne - zu jedem Anlaß, außerdem glaub ich, daß
überall gut gefeiert wird.
Kerstin: Es wird in München bißchen enger, weil es ist zentral eine Stadt und dann kommt ganz
ganz ganz lang nichts an Städten im Gegensatz halt zu Köln, Düsseldorf, das ist so ein
Ballungsraum an Menschen und hier die Münchner zentriert auf München und das ist wie
eine Familie.
LOOP: Ihr denkt also, es ist einfacher Leute zu Parties zu holen?
Daniel: Ne, im Gegenteil. Wir sind hier sehr verwöhnt, dadurch, daß wir, durch die Veranstalter,
die hier sind, sich zu Tode gucken - jeder möchte mehr und was besseres und toller und
nur noch Sven Väth und Westbam und alles haben und dadurch sind die halt sehr
verwöhnt, also Du mußt schon hier wirklich was bringen um noch Erfolg zu haben.
Thomas: Ja, auch preislich sind sie weitaus sensibler als beispielsweise im Ruhrgebiet hier. Als wir
den "Loop" Rave hier gemacht haben; also bei dem Line-Up hat uns Dream Team
beispielsweise gesagt, daß so'n Ding in Köln nicht unter 35-40 Mark zu kriegen ist. Da
liegen wir mit unseren 25 Mark eigentlich ganz gut...
LOOP: ... das ist aber auch sehr gut angekommen ...
Thomas: ...wir möchten aber auch nicht teuerer werden. Da sind die Veranstalter hier vernünftig in
München - ab und zu wenn einer Mal von außerhalb kommt, wie dieser Universe Rave, da
wird's relativ teuer dann, aber im Großen und Ganzen wissen die hier eigentlich noch, was
man für Preise nehmen kann.
Kerstin: Das ist halt auch so, daß man in München einen größeren Stab hat an Leuten, die mal
weggeht und wenn mehrere Veranstaltungen am gleichen Tag sind, dann tun sich die
Veranstalter schon schwer: Dann ist eins voll und die anderen leer.
LOOP: Aber denkt Ihr nicht, daß das speziell an München liegt, daß die Leute nur zu einem Event
gehen und sich nicht verteilen wie in anderen Städten - daß sie vielleicht mehr auf das
Kommerzielle stehen?
Daniel: Nö, glaub ich nicht. Wir haben hier alleine durch den Partysanen eine riesen Mailingdatei
aufgebaut, wo man sagen kann, daß hier so ein riesen Potential ist.
Kerstin: Das ist ja nicht nur München, das geht ja bis nach Regensburg und Würzburg zum Teil
schon...
Daniel: ...Augsburg, Stuttgart, Ulm,..
Kerstin: ...ja genau diese ganzen Umliegenden, die man gar nicht als Hauptgroßstädte
bezeichnet...
Daniel: ...Chimseeraum haben wir viele Leute...
Kerstin: ...die habe ja auch alle nichts...
Daniel: ...viele Österreicher auch, gerade so Innsbruck, Salzburg, bis in die Schweiz runter; der
Münchner Einzugsbereich ist schon weitläufig.
Kerstin: Es sind wahnsinnig viele Großstädte in dem Bereich.
LOOP: Trotzdem hattet Ihr keinen Erfolg mit dem Tempel of House'n Techno an Freitagen?
Thomas: Man merkt Fehler erst nach zwei Monaten, das geht nicht direkt von einem Tag auf den
anderen, daß die Publikumszahlen zurückgehen, es sind aber auch Fehler gemacht
worden, was die restlichen Tage betrifft - man kann nicht hingehen und einerseits Freitags
die "In-Techno-Location" sein und am Samstag dann Veranstaltungen machen, wo dann
"No Techno" auf den Plakaten steht. Die Szene ist sehr ehrlich und die merken dann so
was und lassen sich dahingehend nicht verarschen, daß ist eine ganz klare
Geschichte.
LOOP: Daß heißt die Leute gehen lieber dahin...
Thomas: ...wo konsequent... - wie beispielsweise das Ultraschall, was einfach hier in München jetzt
irgendwie der Techno/House-Club ist, ganz klar gesagt, und das andere sind alles Party-
Locations, wo also irgendwelche Fremdveranstalter mal was durchziehen, aber das
Ultraschall macht ja ihren Kram selbst und das wird auch dementsprechend gewürdigt
dann von den Leuten.
LOOP: Was denkt Ihr, was das nächste Jahr bringen wird?
Daniel: Viel Bargeld! Ne, Jungle, wobei ich nicht dran glaube.
Kerstin: Ne, es wird einiges bringen und es wird glaube ich einen Umschwung geben.
Daniel: Was sich wirklich ergeben wird ist Ravetourismus.
LOOP: Das also Leute übers Wochenende...
Daniel: ...Ja, nicht nur übers Wochenende auch mal länger, wir machen auch im Mai so 'ne
Geschichte mit 'ner 10 Tage Reise nach Griechenland mit Partyprogramm, mit Sport
dabei, etc. So was wird auf jeden Fall dazukommen. Die Leute wollen was erleben. Mal
andere Städte kennenlernen, andere Leute - und die Szene ist halt nun mal sehr
offen.
Kerstin: Ich glaub, daß sich da viel viel ändern wird, daß sich die ganzen festgefahrenen
Strukturen, wie wir sie jetzt so kennen, werden sich total ändern wahrscheinlich, denk
ich.
LOOP: Denkst Du, daß auch mehr Leute kommen werden?
Kerstin: Das wird so'n Rattenschwanz jetzt immer mehr; Das sieht man, der Rattenschwanz wird
immer größer an Leuten, der sich mitzieht mit dem ganzen Kommerz und den
Großveranstaltungen. Das sieht man jetzt schon, daß die ganzen Massenmedien schon
richtig mit drinhängen und das zieht auch eine irrsinnige Masse immer mit sich. Aber es
kristallisieren sich immer neue Szenen heraus glaube ich wieder.
LOOP: Dankt Ihr, daß es auch mal wieder Umschlägt, daß die Leute sagen "So, jetzt ist was
anderes 'In'"?
Kerstin: Klar, so wie es ja immer war - es wird sich halt immer aus dem Alten was neues
entwickeln. Das Alte wird nie ganz verschwinden, aber es wird sich wieder was
rauskristalisieren und daraus wird wieder was neues.
Daniel: Es wird sich spezialisieren. So wie der Rock'n Roll-Baum Äste gekriegt hat, sich verzweigt
hat, so wird es auch hier sein. So wie von Country-Rock bis zu Hard-Metal, so wird es sich
auch hier für jeden spezialisieren.
LOOP: Die Münchner DJs sind ja Deutschlandweit nicht so bekannt wie beispielsweise die aus
Berlin, Frankfurter oder teilweise Stuttgart. Was denkt Ihr, woran das liegt?
Bob: Es gibt ja schon den Hell...
LOOP: OK, es gibt Hell und Upstart aber...
Kerstin: München ist gerade an so einem Punkt wo Berlin mal war. Berlin geht jetzt bißchen
abwärts und München ist jetzt gerade ganz oben. Es tut sich gerade wahnsinnig viel in
München.
Bob: Ich glaub halt auch, daß man in München viel unter der Woche ausgeht und die DJs, die
wir hier haben legen auch viel mehr auf; natürlich sind die viel mehr damit beschäftigt ihre
Platten aufzulegen oder ihre Plattenläden zu führen und haben auch nicht so viel Zeit ihre
Sachen zu machen. OK, der Olaf hat schon paar Sachen gemacht, aber da ist nicht so der
Hit rausgekommen. Aber es sind hier nicht so viele Studios, die Techno produzieren - die
Studios, die es hier gibt produzieren mehr so Pop Sachen, da kommt schon ziemlich viel
aus München, aber das sind noch nicht die Techno-Geschichten hier.
LOOP: Gibt es außer Disko B noch andere Labels in München?
Bob: Der Michael Raimund hat zum Beispiel ein Label, dann kommt jetzt die erste House-Platte
von DJ Linus raus, ansonsten hat der Marc vom Delirium jetzt ein Label gegründet, da
kommen jetzt auch ein paar Neuerscheinungen raus
Kerstin: Ankie wird produzieren auf Disko B, Acid Scout haben wir hier, der Hell, der Upstart, da
passiert schon viel, Robert Göhrl, der Ex- von DAF - Jetzt gerade im Moment passiert so
viel. In München gab es auch keine Zeitung vor dem Partysanen in diese Richtung.
LOOP: Verstehen sich in München die Veranstalter besser als in anderen Städten?
Daniel: Mittlerweile. Es gab früher bissl mehr Hick-Hack, aber ich glaube, daß wir auch ein
bißchen beruhigend auf das Ganze gewirkt haben.
Kerstin: Man sieht, daß das sehr gut geht miteinander.
LOOP: Was habt Ihr nächstes Jahr geplant - Rave On Snow wird's einmal geben, Griechenland ist
geplant; wird's sonst noch was geben?
Daniel: Im Februar gibt's "Loop"-der zweite Teil...
Bob: ...dann im Mai gibt's nochmal "Loop"...
Daniel: ...dann gibt's ein Jahr Partysanen am dritten Juni...
Kerstin: ...den Release vom Partysanen NRW, da machen wir eine Party im Januar: "Munich meets
Köln"
LOOP: In München?
Bob: Ne, in Köln.
Daniel: Weiter geht's mit dem Truck, den wir wieder organisieren werden für die Love Parade und
hoffentlich auch wieder für den Night Move, wenn's weiter geht. Weiter werden wir den
Service für Raver ausbauen, also Fahrten nach Zürich oder anderswo...
Kerstin: ...also alles was der Raver wünscht.